Vor welcher Aufgabe wir stehen

Sicherstellung einer flächendeckenden und qualitativ Hochwertigen Pädiatrischen Versorgung in ländlichen Regionen

Straße in Mecklenburg-Vorpommern

Weite Distanzen

Aus unterschiedlichen Gründen ist die Einrichtung und Unterhaltung von pädiatrischen Kliniken und Praxen in ländlichen Regionen schwierig. Dadurch müssen viele Patienten oft weite Wege auf sich nehmen müssen, um spezialisierte Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

Rentnerpaar im Herbst

Demografischer Wandel

Die Bevölkerung wird immer älter. Dieser demografische Wandel betrifft ländliche Regionen stärker als manche städtischen Regionen. Wodurch es vor Ort zu wenige Patienten und Fachpersonal gibt, um die pädiatrische Versorgung qualitativ hochwertig und wirtschaftlich zu gewährleisten.

Young female pediatrician holding a little girl's arm after putting a bandage on it

Faire Vergütungsregeln

Im stationären Bereich erfolgt die Vergütung von Krankenhausleitungen über sog. Diagnosis Related Groups oder Fallpauschalen. Pädiatrische Leistungen werden allerdings nicht adäquat abgebildet. Zudem ist der Anteil an Notfällen in der Pädiatrie besonders hoch. Diese nichtplanbaren Leistungen führen zu hohen Vorhaltekosten.

Vernetzung

Die unterschiedlichen Videokonferenzsysteme der einzelnen Kliniken werden miteinander vernetzt. Die Patientendaten werden über eine gemeinsame Austauschplattform für medizinische Daten ausgetauscht.

Telemedizinische Triage

Mithilfe einer telemedizinischen Triage für pädiatrische Notfälle kann eine Ersteinschätzung von Kindern auch in kleineren Notaufnahmen standardisiert und valide erfolgen.

Virtueller Hinergrunddienst

Der virtuelle Hintergrunddienst bietet kleineren Kliniken die Möglichkeit den Facharztstandard rund um die Uhr zu gewährleisten, auch wenn vor Ort (zeitweise) kein pädiatrisches Fachpersonal verfügbar ist.

Spezialfachärztliche Videosprechstunde

Kinder mit speziellem Versorgungsbedarf können eine spezialfachärztliche Videosprechstunde in der Klinik nahe ihrem Wohnort wahrnehmen, ohne möglicherweise unnötige und weite Wegstrecken auf sich nehmen zu müssen.

Unsere Lösung

Telemedizinische Betreuung und Vernetzung

Die pädiatrischen Abteilungen von 12 Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg bündeln ihre Kapazitäten und ergänzen ihre Kompetenzen. Das Institut für Community Medicine erforscht, ob die telemedizinische Betreuung die pädiatrische Versorgung in ländlichen Regionen unterstützen kann. Mehr zum Forschungsprojekt erfahren Sie hier.

Forschungsprojekt

Kann Telemedizin helfen die regionale pädiatrische Versorgung sicherzustellen?

Demografischer Wandel

In 2030 werden in Deutschland voraussichtlich nur noch 12,9 Millionen Kinder und Jugendliche unter 20 Jahre leben. Das sind 17% weniger als im Jahr 2008. Da eine Wanderung der Bevölkerung aus den ostdeutschen Bundesländern in süddeutsche Regionen und in die Stadtstaaten stattfindet, tritt dieser Wandel deutlich verstärkt in den neuen Bundesländern auf (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2011). In Mecklenburg-Vorpommern ist die Anzahl der Geburten seit 1997 zwar relativ stabil bei 8,1 Geburten/1.000 Einwohner (in 2018), doch deutlich niedriger als vor der Wiedervereinigung (in 1985: 15,1 Geburten/1.000 Einwohner) (Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, 2019). In Brandenburg stellt sich die Situation ähnlich dar (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2018). Aber es gibt auch große regionale Unterschiede. In sehr ländlichen Regionen wie der Mecklenburgischen Seenplatte gibt es zwischen 2013 und 2030 einen Rückgang der Kinder mit einem Alter bis 15 Jahre um etwa 30%. In Städten bleibt dieser Anteil in etwa gleich oder nimmt sogar zu (IGES, 2015).

Weite Entfernungen zum Ort der Leistungserbringung

Die Krankenhausplanung (Standort, Fachabteilungen, Anzahl von Betten) ist Aufgabe der Länder. Einwohnerzahlen, Zusammenstellung der Bevölkerung und die regionale Bevölkerungsdichte sind wichtige Parameter für die Planung. Durch die Abnahme der Anzahl der Kinder und Jugendlichen in ländlichen Regionen wird es zunehmend schwer, Abteilungen für Kinderheilkunde in Krankenhäusern sowohl wirtschaftlich zu betreiben als auch ein hohes Maß an medizinischer Behandlungsqualität sicherzustellen. Darüber hinaus können insbesondere in kleineren Krankenhäusern oftmals keine Subspezialisierungen angeboten werden. Die Fachkräftegewinnung, sowohl von ÄrztInnen als auch von Pflegekräften gestaltet sich aufgrund unattraktiver Rahmenbedingungen (hohe Dienstbelastung bei gleichzeitig geringen Fallzahlen) und Infrastruktur in ländlichen Regionen immer schwieriger.

Die Schließung von Abteilungen für Kinderheilkunde sowie von pädiatrischen Notaufnahmen aufgrund fehlenden Fachpersonals und defizitärer wirtschaftlicher Situation hat zur Folge, dass die Anfahrtswege für einen Teil der Bevölkerung zur nächstmöglichen medizinischen Behandlungsmöglichkeit sehr lang werden. In der Folge ist die Sicherstellung einer wohnortnahen stationären pädiatrischen Versorgung in Zukunft für einen Teil der Bevölkerung gefährdet.

Notwendigkeit neuer Vergütungsregeln

In Deutschland werden die meisten Krankenhausleistungen durch sog. Diagnosis Related Groups (DRGs) einheitlich vergütet. Pädiatrische Fälle werden durch diese Pauschalen nur unzureichend abbgebildet, weil zum Beispiel der Personalanteil in einer Pädiatrie größer als auf einer Erwachsenenstation ist, die DRGs aber nicht gesondert für Kinderklinikien kalkuliert werden und somit diese Mehrkosten nicht berücksichtigen.

Außerdem weisen pädiatrische Abteilungen eine hohe Notfallquote und ein breiteres Leistungsspektrum auf, wodurch Leistungen weniger planbar, seltenere Erkrankungen häufiger sind und insgesamt höhere Vohaltekosten anfallen. Als Folge dessen, werden Betten insbesondere in der Pädiatrie abgebaut oder pädiatrische Abteilungen gänzlich geschlossen.

Telemedizin als Lösung?

Um die pädiatrische Versorgung in ländlichen Regionen auf dem bisherigen hohen Niveau zu sichern, sind innovative, regio­nale und integrative Versorgungsmodelle auf der Basis von Telemedizin notwendig. Durch die telemedizinische Vernetzung von pädiatrischen Abteilungen verschiedener Größe und mit unterschiedlichen Ausprägungen können Versorgungsfunktionalitäten gegenseitig kompensiert und die regionale Versorgung wirksam unterstützt werden.

Das betrifft sowohl die Versorgung im stationären Setting als auch die kinderärztliche Notfallversorgung in den Notaufnahmen. Die knappen Ressourcen in der spezialisierten ärztlichen und pflegerischen Versorgung im Bereich der Pädiatrie können gezielt eingesetzt und für eine größere Region verfügbar gemacht werden. Gleichzeitig vermeidet das System medizinisch nicht erforderliche Transporte in spezialisierte Krankenhäuser und den damit verbundenen Zeit- und Ressourcenaufwand für die Beteiligten.

Die primäre Forschungsfrage lautet, ob ein telepädiatrisches Netzwerk mit den Funktionalitäten 1) telemedizinische Triage, 2) telemedizinisches spezial-fachärztliches Konsil und 3) telemedizinische Facharztfunktionalität/Virtueller Hintergrunddienst die regionale pädiatrische Versorgung sicherstellen und unterstützen kann.
 

Darüber hinaus nimmt die Integration der Telemedizin in Arbeitsprozesse der Kliniken eine zentrale Rolle ein. Dabei wird erhoben, in welchen Behandlungskontexten welche telemedizinischen Funktionalitäten genutzt werden, wie viel Zeit dafür aufgewendet werden muss und wie die Organisation in den Kliniken erfolgt. Die Ergebnisse der Evaluation werden schließlich genutzt, um die Prozesse fortlaufend zu optimieren. Außerdem sollen die identifizierten Prozesse und gemessenen Zeitbedarfe zur Weiterentwicklung der Vergütung im pädiatrischen stationären Bereich dienen.

Die Implementation des telepädiatrischen Netzwerks erfordert eine
Adaption bestehender ambulanter und stationärer Vergütungssysteme der
pädiatrischen stationären Versorgung und der Notaufnahme. Die Kliniken
übernehmen gegenseitig Leistungen, die nicht vor Ort, sondern
telemedizinisch durchgeführt werden. HIerfür wird eine gesundheitsökonomische Analyse durchgeführt, um die Kosten der telemedizinischen Leistungen
exakt zu erfassen, und eine verursachergerechte (und damit
nachhaltige) Vergütung zu kalkulieren.

Des Weiteren wird ein juristisches Gutachten erstellt, das sich neben haftungsrechtlichen Fragen der telemedizinischen Betreuung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Vergütung beschäftigen wird. Die juristische Expertise wird eine Handlungsempfehlung geben, wie die gestzlichen Rahmenbedingungen geändert werden müssen, um eine verursachungsgerechte Vergütung der telemedizinischen Versorgung zu ermöglichen.

Erfahrung

Interessieren Sie sich für unser Projekt?

Das Netzwerk soll Schritt-für-Schritt erweitert werden und an neue Erkenntnisse fortlaufend angepasst werden. Deshalb sind wir stets auf der Suche nach neuen Kliniken, die sich dem Netzwerk anschließen wollen. Ebenso würden wir uns über Sie als Patienten freuen, wenn Sie an einer Studienteilnahme interessiert wären.